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Lerne, zu sehen.
Erkenne, dass alles mit
allem verbunden ist.
(Leonardo da Vinci)
Ich-Entwicklung oder vertikale Entwicklung
Unsere Persönlichkeit ist komplex und es existieren unterschiedliche Theorien dazu, was unsere Persönlichkeit beeinflusst, prägt und wie sich entwickelt. Eine große Einigkeit gibt es in der Forschung darüber, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die einen Teil unserer Persönlichkeit ausmachen und die über unser Leben hinweg mehr oder weniger stabil bleiben (z.B. ob wir eher introvertiert sind und Energie aufladen, wenn wir alleine sind oder eher extrovertiert und eher im Zusammensein mit Menschen Kraft tanken).
Ich-Entwicklung (oder vertikale Entwicklung) nach Jane Loevinger beschäftigt sich hingegen mit der Reife-Entwicklung von Menschen im Erwachsenenalter und damit mit einer Dimension unserer Persönlichkeit, die sich verändert und einen erheblichen Einfluss auf all unsere Lebensbereiche hat.
Aber was bedeutet Reife?
Das Ich oder das Selbst wird im Rahmen dieser Theorie als eine Instanz gesehen, die fortwährend versucht aus all den Dingen, die tagtäglich auf uns einströmen und auch in unserem Inneren generiert werden ein schlüssiges Gesamtbild zu erzeugen. Oder wie Susanne Cook-Greuter (2015) sagen würde: "eine für das Selbst akzeptable Geschichte zu erzählen." Jeder von uns betrachtet die Welt aus einer Brille mit vielfältigen Filtern (Kultur, eigene Erfahrungen, Prägungen, Glaubenssätze, u.v.m.). Wie die Informationen, die wir aufnehmen dann verarbeitet werden in unserem Gehirn und welche Gefühle sie auslösen, hat wiederum viel damit zu tun, wie wir sie bewerten, interpretieren und in welchem Gesamtzusammenhang wir sie betrachten.
Jeder Mensch hat also eine spezifische Art und Weise, wie er sich selbst und andere in dieser Welt wahrnimmt, wie er Erfahrungen verarbeitet und interpretiert und in der Folge, wie er denkt und handelt. Dieses Zusammenspiel von Wahrnehmen, Verarbeiten und Verhalten kann man als Denk- und Handlungslogik bezeichnen.
Umfangreiche Studien weltweit zeigen, dass diese Denk- und Handlungslogiken universelle Muster an bestimmten Aspekten aufzeigen und mehrmals in unserem Leben Transformationen stattfinden, in der sich diese Struktur grundlegend ändert (Entwicklungssprünge). Die Veränderungen zeigen sich in folgenden Bereichen:
Impulskontrolle und Charakter-Entwicklung: entwickelt sich von stark impulsgesteuert hin zu selbstregulierend und eigene Maßstäbe findend und später wieder zunehmend auflösend.
Interpersoneller Stil: entwickelt sich von stark manipulierend hin zu Autonomie Anderer berücksichtigend.
Bewusstseinsfokus: verschiebt sich von der Ausrichtung auf externe Dinge und eigene Bedürfnisse hin zu internen Aspekten, Individualität und Entwicklung
Kognitiver Stil: entwickelt sich von sehr einfach und undifferenziert hin zu konzeptioneller Komplexität, Multiperspektivität und der Fähigkeit mit Widersprüchen umzugehen. (Binder 2019)
Unsere vertikale Entwicklung verläuft in Stufen und in einer universellen Reihenfolge, bei der keine Stufe übersprungen werden kann. Findet ein Entwicklungssprung statt, stehen uns neue Denk- und Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Mit zunehmender Reife, steigt unsere Fähigkeit, mit Komplexität, Widersprüchen und Mehrdeutigkeiten umzugehen und andere Perspektiven einzunehmen.
Das Ich-Entwicklungsmodell geht von zehn möglichen Entwicklungsstufen aus. Diese werden wiederum drei unterschiedlichen Ebenen zugeordnet: die präkonventionelle Ebene, die konventionelle Ebene und die postkonventionelle Ebene. Der Großteil der Menschen denkt und handelt heute aus einer konventionellen Handlungslogik heraus.
Horizontale Entwicklung (In-Formation): bezieht sich auf Lernen im Sinne des Erwerbs neuen Wissens, neuer Kompetenzen und Erfahrungen, so z. B. das Aneignen bestimmter Methoden, Tools und Vorgehensweisen. Unserem "Denkgefäß" werden neue Informationen hinzugefügt. Dabei ändert sich nichts an der grundsätzlichen Art und Weise, wie wir unsere Wirklichkeit konstruieren und uns mit uns selbst und unserem Umfeld auseinandersetzen.
Vertikale Entwicklung (Trans-Formation): Wenn wir uns vertikal entwickeln, wird unsere Denk- und Handlungslogik differenzierter und integrierter und das Gefäß erweitert sich. Wir erleben größere Freiheitsgrade im Umgang mit uns selbst, anderen und neuen Situationen. Wir können eine größere innere Flexibilität erlangen. Ein solcher Sprung kann sich auf viele weitere Aspekte des Lebens auswirken. (Binder 2019)
Wozu soll ich mich entwickeln?
Jede Denk- und Handlungslogik bringt ihre besonderen Vorteile und Herausforderungen mit sich. Keine Stufe ist per se besser oder schlechter als die andere. Bezieht man jedoch den Kontext mit ein, in dem wir leben und damit die Welt um uns herum, die immer komplexer, vielschichtiger, widersprüchlicher und unsicherer wird, scheinen die Fähigkeiten und Kompetenzen, die spätere Entwicklungsstufen mit sich bringen deutliche Vorteile mit sich zu bringen - insbesondere im Kontext von Führung. Dadurch, dass uns Dinge bewusster werden und mehr Aspekte von Situationen, Erfahrungen und Beziehungen für uns sichtbar werden, wachsen unsere Handlungsmöglichkeiten und wir erlangen eine größere innere Freiheit mit Erfahrungen und Situationen umzugehen. Bis zu einem gewissen Grad "passiert" Entwicklung ganz natürlich durch die Herausforderungen unseres Alltags. Da unser Umfeld Entwicklung jedoch nur bis zu einem gewissen Grad fördert, wird ab einem gewissen Punkt die aktive Auseinandersetzung mit sich selbst hilfreich, wenn man sich weiterentwickeln möchte. Bei Entwicklung geht es nicht darum an uns "rumzuschrauben" und Dinge zu trainieren, die uns nicht entsprechen, damit wir besser funktionieren. Vielmehr steht im Vordergrund Entwicklungspotenziale, die in jedem von uns angelegt sind, zu aktivieren. Dazu gehört, eigene Grenzen aufzuspüren und Möglichkeiten zu finden, sich behutsam darüber hinauszuwagen. Und dadurch wieder neue Erfahrungen zu machen, die weitere Entwicklung möglich machen.
"Mein Blick auf die Welt verändert sich. Und durch meine veränderte Wahrnehmung eröffnen sich neue Handlungsmöglichkeiten: Was unvorstellbar war, wird möglich. Was unerträglich war, wird erträglich – oder vielleicht sogar interessant und aufregend. Was mir den letzten Nerv geraubt hat, liefert mir nun wichtige Informationen und Einsichten, die ich als Chance begreife." (Heid & Köhler 2017 über vertikale Entwicklung)
Das I-E-Profil™ und seine Vorteile
Es ist heute möglich anhand eines wissenschaftlich validen Tests festzustellen, welcher Reifegrad zur Zeit dein Denken und Handeln überwiegend bestimmt. Dazu kannst du beim Zentrum für Ich-Entwicklung und Transformation ein I-E-Profil™ erstellen lassen. Dieses zu kennen und dich mit deiner persönlichen Entwicklung auseinanderzusetzen, kann dir folgende entscheidende Vorteile bieten:
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du kannst deine eigene Entwicklung besser nachvollziehen und verstehen
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du kannst dich selbst und andere besser verstehen und Unterschiede besser akzeptieren
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du kannst Phänomene in der Kommunikation mit anderen, die du wahrnimmst und dich irritieren möglicherweise besser einordnen und verstehen
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du kannst die Grenzen deiner eigenen Logik, Dinge zu betrachten besser erkennen und gleichzeitig werden Möglichkeitsräume sichtbar
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du kannst möglicherweise Vergangenes, bisher Unverstandenes besser annehmen und loslassen
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du kannst gezielt für dich passende und wirksame nächste Entwicklungsschritte erarbeiten
Als zertifizierte Beraterin für die Arbeit mit dem I-E-Profil führe ich anschließend gerne mit dir ein ausführliches Auswertungsgespräch und begleite dich bei der Konkretisierung deiner nächsten Entwicklungs-schritte.
Mein Buchtipp zu Ich-Entwicklung und
den wissenschaftlichen Grundlagen
Seminar: Ich-Entwicklung - ein Schlüssel zu mehr Wirksamkeit in der Führungsrolle
Zum Vertiefen: Reife-Entwicklung von Organisationen
Wie kann das Thema Ich-Entwicklung in einen Organisationsentwicklungsprozess eingebunden werden? Und kann sich davon ausgehend perspektivisch der Reifegrad einer Organisation erhöhen? Diesen und weiteren Fragen bin ich in meiner Masterarbeit nachgegangen. Im Fokus steht dabei eine Fallstudie in einem österreichischen Unternehmen und ein Management-Team, das mit Dr. Thomas Binder einen einjährigen innovativen OE-Prozess umgesetzt hat, in dem vertikale Entwicklung als Ziel vereinbart wurde.
Wenn du dich für das Thema interessierst und die Arbeit lesen möchtest, nimm gerne Kontakt mit mir auf.
Quellen:
Bücher:
Binder, Thomas (2019): Ich-Entwicklung für effektive Beratung (2. Auflage)
Cook-Greuter, S. R. (2010): Postautonomous ego development: A Study of Its Nature and Measurement Dissertation
Heid, E.; Köhler, M. (2017): Führungskräfteentwicklung auf die nächste Stufe heben. Plädoyer für ein Umdenken. In: OrganisationsEntwicklung (3/2017), S. 60–67.
Video:
Cook-Greuter, S. (2015): Vortrag: Polaritäten und Selbstentwicklung
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